Bundesamt für Kartographie und Geodäsie

Radioteleskop AGGO

Globale geodätische Aufgaben erfordern ein global gleichmäßig verteiltes Netz von Beobachtungsstationen. Das existierende Punktfeld weist große Lücken insbesondere auf der Südhalbkugel auf. Eine Verbesserung der Situation wird durch den Einsatz von AGGO in La Plata/Argentinien erreicht.

Überblick

AGGO ist eine komplette Fundamentalstation und kann in insgesamt sechs Normcontainern für den Transport verstaut werden. Am Einsatzort dienen die Container als Betriebsräume, Werkstätten und Aufenthaltsräume. Das System wurde in den Jahren 1992 bis 1996 konzipiert und erbaut. Zunächst wurden die einzelnen Messmodule in Wettzell aufgebaut, erprobt und zu einem Gesamtsystem integriert. Nachdem mit der "Universidad de Concepción" ein geeigneter Partner gefunden worden war, konnte im Jahr 2001 TIGO nach Concepción/Chile verfrachtet werden. Im April 2002 wurde der Betrieb des VLBI- und SLR-Systems, der GNSS-Station und der örtlichen Messsysteme aufgenommen. Die Daten werden über die internationalen Dienste bereitgestellt und tragen insbesondere zur Verbesserung der globalen Referenzsysteme bei.

2014 wurde der Betrieb in Concepción eingestellt. Nach dem Umzug nach La Plata/Argentinien im Jahr 2015 nahm das Observatorium unter dem Namen AGGO seinen Betrieb wieder auf.

AGGO besteht aus folgenden Messsystemen:

  • VLBI-Modul mit 6 m Radioteleskop
  • SLR-Modul
  • GNSS-Empfänger für GPS, GLONASS und Galileo
  • Zeit- und Frequenzlabor
  • Supraleitendes Gravimeter
  • Breitbandseismometer
  • Meteorologische Messeinrichtungen

VLBI-Modul

Bild zeigt das Very Long Baseline Interferometry-Modul VLBI-Modul

Das 6m-Radioteleskop ist Teil des transportablen Observatoriums TIGO, das von 2002 bis 2014 in Concepción (Chile) im Einsatz war. Seit 2015 wird es in La Plata (Argentinien) betrieben. Eine Besonderheit ist die Offset-Konstruktion, die keine Abschattung z.B. durch einen Subreflektor verursacht. Die Antenne ist zerlegbar und findet in zwei Standardcontainern Platz. Das TIGO-Teleskop beteiligte sich jährlich an über 100 24-stündigen Beobachtungsserien des International VLBI Service (IVS).

SLR-Modul

Für SLR-Beobachtungen wird das 50cm-Teleskop des transportablen Observatoriums TIGO seit 2015 in La Plata/Argentinien betrieben, nachdem es von 2002 bis 2014 in Concepción/Chile im Einsatz war. Der Titan-Saphir-Laser erlaubt die Beobachtung auf zwei Wellenlängen, dem nahen Infrarot (847 nm) und dem Violett (423,5 nm). Die Zweifarbenmessung dient der Korrektur der Dispersion des Lichts in der Atmosphäre. Bedingt durch die sehr südliche Lage und die hohe Produktivität liefert das SLR-System von AGGO einen wichtigen Beitrag für die internationalen Referenzsysteme.

GNSS-Empfänger

Bis zum Jahr 2014 wurden am Observatorium TIGO in Concepción zwei GNSS-Empfänger als Permanentstation betrieben. Die Station CONZ war Teil des IGS-Netzes, während CONX zusätzlich auch Galileo-Signale empfing und zum CONGO-Netzwerk gehörte. Die GPS/GLONASS-Daten werden über den International GNSS Service (IGS) bereitgestellt und dienen primär der Realisierung des globalen terrestrischen Bezugssystems.

Zeit- und Frequenzlabor

Im Zeithaltungslabor von TIGO beziehungsweise AGGO werden 2 Wasserstoffmaser, 2 Cäsiumnormale und 2 GPS-Zeitempfänger betrieben. Die Zeitskalen jedes einzelnen Oszillators werden periodisch alle drei Stunden gegen eine Masteruhr, einem Cäsiumstandard, eingemessen. Die Zeitskala der Masteruhr wird ununterbrochen mit der eines speziellen GPS-Zeitempfängers in besonderen Beobachtungsprogrammen verglichen. Die Ergebnisse werden an das Bureau International de Poids et Mesures (BIPM) in Paris für die Berechnung der UT-Weltzeitskala geschickt. Dies ist eine Voraussetzung, um die Uhren an die UT-Skala anknüpfen zu können.

Supraleitendes Gravimeter

Am Observatorium TIGO wurde das erste supraleitende Gravimeter (SG) in Lateinamerika betrieben. Es handelt sich um ein SG der Firma "GWR Instruments". Es ist seit 12/2003 in Concepción in Betrieb und gehört zum weltweiten GGP-Netz supraleitender Gravimeter. Die Relativmessungen des SG erfordern Kalibrierungen durch Vergleichsmessungen eines Absolutgravimeters. Auf einem gesonderten Pfeiler im Gravimeterhaus wurden deshalb turnusmäßig Absolutgravimetermessungen durchgeführt. In den SG-Zeitreihen in Concepción fällt eine große jahreszeitliche Variation von bis zu 40 Mikrogal auf. Die hierfür verantwortlichen hydrologischen Variationen werden in einem Projekt der Sektion Hydrologie des GFZ Potsdam untersucht. Seit Dezember 2015 ist das SG-038 bei AGGO in La Plata in Betrieb.

Seismometer

Die geodätischen Raumverfahren liefern die Stationskoordinaten und ihre Geschwindigkeiten. Für die korrekte Modellierung der Stationsgeschwindigkeit ist es notwendig, seismische Ereignisse wie Erdbeben mit ihrer Epoche aufzuzeichnen und gegebenenfalls die Geschwindigkeitsmodelle anzupassen. Hierzu wurde bei TIGO ein "Güralp"-Breitbandseismometer betrieben, das in das regionale seismologische Netz der "Universidad de Concepción" eingebunden war.

Meteorologische Station

Alle Systeme der geodätischen Raumverfahren benötigen meteorologische Parameter zur Refraktionskorrektur bei der Auswertung und auch während der Nachführung. Die meteorologische Station von AGGO registriert Temperatur, Feuchtigkeit, Luftdruck, Regenmenge, Windrichtung und Windgeschwindigkeit in einem Zeitintervall von 15 Minuten.

Lokales Vermessungsnetz

Für die Bestimmung der Raumvektoren zwischen den Bezugspunkten der Teleskope (Achsenschnittpunkte) beziehungsweise der GPS-Antenne (Phasenzentrum) sowie zum Nachweis der lokalen Stabilität gibt es auch bei TIGO ein lokales Vermessungsnetz. Es besteht aus 4 Pfeilern, 7 Bodenpunkten und 3 Höhenbolzen sowie den Achsenschnittpunkten des VLBI- und SLR-Teleskops. Zwei Präzisionsvermessungen einschließlich der Bestimmung der Achsenschnittpunkte erfolgten in den Jahren 2003 und 2012. Nach der Netzausgleichung liegen die Standardabweichungen im Mittel bei 0,13 mm.