Bundesamt für Kartographie und Geodäsie

Ist Malle eine Marke?

Eine Frage für den Ständigen Ausschuss für Geographische Namen (StAGN)

Der StAGN ist ein Expertenrat für die Standardisierung geographischer Namen im deutschen Sprachraum. Üblicherweise beschäftigt sich der Ausschuss mit Fragen wie „Wissen Sie, wo Eswatini liegt und wie seine Einwohnerinnen und Einwohner heißen?“, „Wer legt eigentlich die Straßennamen in einer Gemeinde fest?“ oder „Welche Gemeinden gehören zum Schwarzwald?“, „Ist der Haarstrang eine Landschaft?“
Er beantwortet aber auch Anfragen wie die eines Rechtsanwalts. Sein Mandant hat sich bereits 2002 die Marke „Malle“ sowohl durch das Deutsche Patent- und Markenamt als auch durch das Amt der europäischen Union für geistiges Eigentum schützen lassen.

Malle = verrückt?

Der Mandant des Fragestellers ist Jörg L., Musikproduzent aus Hilden. Er hat sich „Malle“ für Tonträger, Werbung, TV und Rundfunksendungen sowie Partys schützen lassen. Mit dem Recht am Namen mahnte er immer wieder Leute ab und erwirkte Unterlassungserklärungen, wenn z. B. eine „Malle-Party“ beworben wurde oder ein Künstler einen „Malle-Hit“ veröffentlichen wollte.
Einen solchen Brief hat unter anderem ein Reiseblogbetreiber erhalten. Für einen Artikel in seinem Reiseblog, in welchem drei Mal „Malle“ verwendet wird, sollte er 1823 Euro bezahlen. Zusätzlich verlangte Jörg L. eine Unterlassungserklärung, die bei jeder Zuwiderhandlung eine Zahlung von 3.000 Euro vorsieht. Diesen Umstand wollte der Blogbetreiber nicht akzeptieren, da „Malle“ für ihn als Kurzform für Mallorca steht und daher eine Herkunftsbezeichnung sei. Diese kann nicht als Marke eingetragen werden.
Jörg L. habe sich „Malle“ nicht als Kurzform für Mallorca gesichert, sondern im Sinne von „verrückt“. Das Amt der europäischen Union für geistiges Eigentum hat dem Antrag des Reiseblogbetreibers stattgegeben und die Marke aus dem Register gelöscht. Dagegen will der Anwalt von Jörg L. nun vorgehen und erhofft sich die Hilfe des StAGN.

 Malle = geografische Herkunftsangabe?

„Das Markenamt möchte die Marke mit der Begründung löschen, dass es sich bei der Bezeichnung „Malle“ um eine geografische Herkunftsangabe handelt. Nach unserer Rechtsauffassung sind für geografische Namen aber stets Widmungen oder gleichartige Akte hoheitlicher Befugnisse erforderlich. Eine Redewendung in einer schlecht bestimmbaren Community reicht nicht aus.
Ich möchte den ständigen Ausschuss für geografische Namen daher um eine offizielle Stellungnahme zur Vorlage beim Amt der europäischen Union für geistiges Eigentum bitten.“

 Der StAGN: Malle ist ein sozio-geographischer Begriff

Die Antwort des Ausschusses:

„[…]Sie sprechen in Ihrer Anfrage verschiedene Themen der Geographie und Linguistik an, die der StAGN wissenschaftlich begründet beantworten kann:
Grundsätzlich sind geographische Namen Eigennamen für bestimmte Örtlichkeiten oder Gebiete der Erdoberfläche sowohl zu Lande als auch auf dem Wasser. Für die Baleareninsel Mallorca in Spanien werden verschiedene geographische Namen verwendet: z.B. Kastilisch „Isla de Mallorca“, Katalanisch „Illa de Mallorca“ oder einfach „Mallorca“. „Mallorca“ wird auch in der deutschen Sprache verwendet. Die Bezeichnung „Malle“ ist eine in der deutschen Sprache umgangssprachlich und sprachlich vereinfachte Bezeichnung für „Mallorca“. „Malle“ ist abgeleitet von einer falschen Aussprache.
„Malle“ kann dennoch als Name geographischen Ursprungs mit dem Charakter der Umgangssprachlichkeit verstanden werden, der auf die ganz spezielle touristische Situation und z. B. das Verhalten der Touristen (Ballermann) hinweist. In dem Sinne ist “Malle” eher ein sozio-geographischer Begriff, dessen Schreibung durch den DUDEN, aber nicht dessen Gebrauch, im Deutschen festgelegt ist:.
[…]Die Bezeichnung „Malle“ ist weder amtlich, noch wird „Malle“ im wissenschaftlichen Kontext des StAGN verwendet. „Malle“ ist aber gebräuchlich in dem o. g. touristischen Kontext und kann somit auch als geographischer Name verstanden werden.“

 Sind nun „Malle-Partys“ ohne Abmahnung möglich?

Ja und nein. Bisher wurde der Markennamen nur vom Amt der europäischen Union für geistiges Eigentum gelöscht, nicht aber vom Deutschen Patent- und Markenamt. Wer also in Frankreich oder Italien eine „Malle-Party“ feiert, Werbung mit dem Wort macht oder einen Tonträger mit dem Namen veröffentlicht, kann dies nach dem aktuellen Stand tun. Innerhalb von Deutschland muss er aber weiterhin mit einem Brief des Anwalts rechnen, da das Verfahren noch anhängig ist (Stand März 2022).

 Außer dem StAGN hat sich auch viele Zeitungen und Anwälte mit dem Thema beschäftigt, zum Beispiel:

Der StAGN ist ein selbständiges wissenschaftliches Gremium ohne hoheitliche Funktion. Im Ausschuss sitzen Wissenschaftler und Praktiker aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und aus anderen deutschsprachigen Gebieten. Sie vertreten die Fachgebiete Toponymie (Erforschung von Ortsnamen), Kartographie, Geographie und Linguistik. Die Experten kommen aus Einrichtungen und Verwaltungen, die sich mit geographischen Namen befassen. Wichtig ist die internationale Zusammenarbeit, namentlich mit der Sachverständigengruppe der Vereinten Nationen für geographische Namen (UNGEGN).

 
Ihr Kontakt im BKG: stagn@bkg.bund.de