Bundesamt für Kartographie und Geodäsie

KoKoRef - Konsistent kombinierter globaler Referenzrahmen

Um Erdorientierungsparameter genauer bestimmen zu können, sollen Beobachtungen der vier geodätischen Raumverfahren VLBI, GNSS, SLR und DORIS besser miteinander kombiniert werden.

ProjektpartnerProjektleitungLaufzeit
BKG, Uni BernBKG2019 - 2022

„Ein Tag auf der Erde dauert exakt 24 Stunden.“ Nach dieser Konvention richtet sich unsere gesamte Welt. Doch wenn man es genau nimmt, stimmt diese Aussage nicht ganz. Die tatsächliche Länge eines Tages ist abhängig von der Rotationsgeschwindigkeit der Erde, diese ist aber über die Zeit nicht konstant. Jede Massenbewegung der Erde, z. B. durch Meeresströmungen, oder anderer Himmelskörper, wie die des Mondes, bewirkt eine kleine Änderung der Rotationsgeschwindigkeit und damit eine kleine Änderung der Tageslänge. Obwohl die Kenntnis über die genaue Tageslänge und das Rotationsverhalten der Erde für die Meisten auf den ersten Blick nicht von direkter Bedeutung ist, so ist sie für viele Anwendungen der Astronomie, der Raumfahrt und der Geodäsie, insbesondere der Satellitengeodäsie, von hoher Wichtigkeit. Wirft man allerdings noch einen zweiten Blick z. B. auf Anwendungen der Satellitennavigation, so wird deutlich, dass die Information über die Erdrotation doch viele Bereiche des täglichen Lebens direkt beeinflusst. Daher sind wir letztlich alle darauf angewiesen, dass das Rotationsverhalten der Erde kontinuierlich überwacht wird.

Um die Bewegung der Erde im Raum sowie ihre Rotation beschreiben zu können, werden die Erdorientierungsparameter (EOP) definiert. Die wichtigsten Komponenten der Erdorientierungsparameter sind: die Weltzeitkorrektur dUT1, die zeitliche Änderung der Weltzeitkorrektur LOD („Length-of-Day“) und die Polkoordinaten. Sie dienen zur Beschreibung des stetig wechselnden Rotationsverhaltens der Erde.

Um die Erdorientierungsparameter zu bestimmen werden Beobachtungen der vier geodätischen Raumverfahren verwendet: Very Long Baseline Interferometry (VLBI), Global Navigation Satellite Systems (GNSS), Satellite Laser Ranging (SLR) und Doppler Orbitography and Radiopositioning Integrated on Satellite (DORIS). Da die Raumverfahren unterschiedliche Stärken und Schwächen haben, ist für das bestmögliche Ergebnis eine Kombination der Verfahren erforderlich (siehe Abbildung 1). Die momentan eingesetzten Kombinationsmethoden weisen jedoch diverse Schwachstellen auf. Außerdem werden bisher nicht alle zur Verfügung stehenden Beobachtungsdaten in einer gemeinsamen Auswertung verwendet.

Tabelle der Erdorientierungsparameter und Messverfahren, mit denen sie bestimmt werden Abbildung 1: Beiträge der geodätischen Raumverfahren zur Bestimmung von Erdorientierungsparametern. Für VLBI wird unterschieden zwischen den großen (genannt „Rapid“) und den kleinen (genannt „Intensive“) Beobachtungskampagnen.

Hier setzt das BKG-Projekt „KoKoRef“ an: Es sollen verbesserte Kombinationsmethoden entwickelt werden, und schlussendlich ein verbessertes Erdorientierungsparameter-Produkt erzeugt werden. Der Fokus liegt auf der Berechnung einer konsistenten Zeitreihe aller Erdorientierungsparameter, die möglichst echtzeit-nah zur Verfügung steht. Dazu sollen alle zur Verfügung stehenden VLBI-Daten sowohl mit den Daten des globalen GNSS Netzes als auch mit denen des globalen SLR Netzes kombiniert werden. Weiterhin soll untersucht werden, ob und wie EOP besser dargestellt werden können.

Als Grundlage werden die BKG-eigenen Produkte der VLBI- und SLR-Analyse verwendet, die im Rahmen der operationellen Datenanalyse in den Analysezentren des International VLBI Service bzw. International Laser Ranging Service am BKG täglich erzeugt werden. Es werden VLBI-Beobachtungen von zwei verschiedenen Beobachtungskampagnen verwendet: Die „Rapid“-Kampagnen finden zwei Mal pro Woche jeweils über 24 Stunden statt und dienen der Bestimmung aller EOP-Komponenten. Die Auswertungen dieser Beobachtungskampagnen liegen allerdings erst nach ca. 15 Tagen vor, weshalb sie für eine stabile Langzeitreihe aber nicht für nahe-Echtzeit EOP geeignet sind. Da diese Echtzeit-nahe Verfügbarkeit insbesondere für Anwendungen der Satellitenpositionierung erforderlich ist, verwenden wir zusätzlich die VLBI-Beobachtungen der täglichen „Intensiv“-Kampagnen. Die Auswertungen dieser täglichen, sehr kurzen Beobachtungskampagnen (1-3 Stunden) liegen spätestens nach zwei Tagen vor. Im Rahmen des Projektes KoKoRef spielen diese Daten daher eine wichtige Rolle, um ein Echtzeit-nahes EOP-Produkt erzeugen zu können. Außerdem werden die globalen GNSS-Produkte des IGS-Analysezentrums CODE (Center for Orbit Determination in Europe) für die Kombination verwendet. Das BKG ist einer der Kooperationspartner im CODE-Konsortium.

Basierend auf der verbesserten Kombinationsmethode soll zukünftig ein neues operationelles EOP-Produkt am BKG erzeugt werden. Damit wäre das BKG (nach derzeitigem Stand) die erste Institution, die ein vollständiges, konsistent-kombiniertes, nahe-Echtzeit EOP-Produkt mit täglicher Auflösung bereitstellt.