Bundesamt für Kartographie und Geodäsie

Die Höhenbezugsfläche von Deutschland

Geoid- und Schwerefeldmodelle

Das Geoid als natürliche Bezugsfläche ist die Äquipotentialfläche des Erdschwerefeldes, die den mittleren Meeresspiegel bestmöglich annähert. Im globalen Rahmen weicht das Geoid um bis zu ±100 m von einer geometrisch definierten Bezugsfläche, dem Ellipsoid, ab. Die Differenzen hängen von der Dichteverteilung im Erdinneren und damit vom Schwerefeld der Erde ab. Satellitengestützte Vermessungen des Erdschwerefeldes und der Meeresoberfläche und die darauf beruhenden globalen Schwerefeldmodelle liefern großräumige Strukturen mit einer räumlichen Ausdehnung von ca. 100 km. Kleinere Details lassen sich aus dem Weltall nicht auflösen. Für die Bestimmung genauer Modelle der Höhenbezugsfläche sind terrestrische Messungen unentbehrlich.

Höhenbezugsflächen in Deutschland

Durch den zunehmenden Einsatz der satellitengestützten Messverfahren in der Vermessungspraxis bestand der Bedarf, die Höhenbezugsfläche von Deutschland mit einer Genauigkeit im Zentimeterbereich zu bestimmen.

Das BKG hat gemeinsam mit den Vermessungsverwaltungen der Länder seit Mitte der 90er Jahre dazu umfangreiche Arbeiten geleistet und eine entsprechende Datenbasis für die Bestimmung der Höhenbezugsfläche Deutschlands aufgebaut. Grundlage zur Bestimmung des Quasigeoidmodells bilden dabei terrestrische Schweremessungen, Fluggravimetermessungen, globale Schwerefeldmodelle, digitale Geländemodelle und ein Netz von Beobachtungspunkten, an denen sowohl ellipsoidische Höhen als auch nivellitisch bestimmte Höhen vorliegen.

Bild zeigt eine Deutschlandkarte mit der Schweredatenbasis für die Modellierung des German Combined QuasiGeoid 2016 Schweredatenbasis GCG2016 Darstellung der Schweredatenbasis für die Modellierung des German Combined QuasiGeoid 2016 Quelle: Bundesamt für Kartographie und Geodäsie

Bild zeigt eine Deutschlandkarte mit den maximalen horizontalen Gradienten der Quasigeoidhöhen in Millimetern pro Kilometern Gradienten der Quasigeoidhöhen Darstellung der maximalen horizontalen Gradienten der Quasigeoidhöhen Quelle: Bundesamt für Kartographie und Geodäsie

Die in Deutschland verwendete Höhenbezugsfläche wird auch als Quasigeoid oder NHN-Fläche bezeichnet. Sie variiert zwischen 34 m im Bereich der Ostsee und 50 m in den Alpen. Die horizontalen Gradienten des Quasigeoids können Beträge bis zu 10 cm pro km annehmen. Quasigeoidvariationen müssen deshalb auch bei lokalen Höhenbestimmungen z. B. mit GPS berücksichtigt werden.

German Combined QuasiGeoid 2016 (GCG2016), Version 2016

Ein erstes Modell des Quasigeoids wurde 1998 für das Gebiet der neuen Bundesländer erstellt. Mit dem "Satellitengeodätischen nivellitischen Quasigeoid (SNG01)" vom März 2003, dem "German Combined QuasiGeoid 2005 (GCG05)" vom August 2005 und dem „German Combined QuasiGeoid 2011 (GCG2011)“ vom Januar 2012 folgten weitere Lösungen für die gesamte Bundesrepublik.

Entsprechend einem Beschluss des Plenums der Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland wird der bisherige amtliche Raumbezug aktualisiert und ab 01.12.2016 der integrierte geodätische Raumbezug 2016 in Deutschland eingeführt.

Mit dem integrierten Raumbezug stellt die AdV einheitliche und hochgenaue Koordinaten für Lage und Höhe sowie Schwerewerte bereit. Diese Daten basieren auf einer Neuvermessung der Bundesrepublik Deutschland, welche im Zeitraum 2006 bis 2012 durchgeführt wurde.

Bestandteile des integrierten Raumbezugs sind:

  • das ETRS89/DREF91 (Realisierung 2016) für ellipsoidische Koordinaten und Höhen,
  • das Deutsche Haupthöhennetz (DHHN2016) für physikalische Höhen aus Nivellements,
  • das German Combined QuasiGeoid (GCG2016) als Höhenbezugsfläche für den Übergang zwischen geometrischen Höhen im ETRS89/DREF91 und physikalischen Höhen im DHHN2016
  • sowie das Deutsche Hauptschwerenetz (DHSN2016).

Die aktuelle Version der Höhenbezugsfläche, das German Combined QuasiGeoid 2016 (GCG2016) wurde durch das Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (BKG) und das Institut für Erdmessung der Leibniz Universität Hannover (IfE) in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland (AdV) modelliert und im November 2016 bereitgestellt. Grundlage der Berechnungen sind neue, durch die AdV bereitgestellte detaillierte Vermessungen der Erdanziehungskraft, verbesserte digitale Geländemodelle und aktuelle globale Erdschwerefeldmodelle unter Einbeziehung von Satellitenschwerefeldmissionen.

Das GCG2016 schließt den gesamten Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone Deutschlands in der Nordsee ein und stellt damit eine einheitliche Lösung für das gesamte Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland bereit.

Das GCG2016 ist kompatibel zu dem vom Satellitenpositionierungsdienst der deutschen Landesvermessung (SAPOS) verwendeten Bezugssystem ETRS89/DREF91 (Realisierung 2016) sowie zum amtlichen Höhensystem DHHN2016.

Die in der Praxis üblichen physikalischen Höhen im DHHN2016 können deshalb mit Hilfe des GCG2016 direkt aus den mittels SAPOS bestimmten ellipsoidischen Höhen berechnet werden:
HDHHN2016 = hETRS89 – ζGCG2016

Das GCG2016 ermöglicht eine Genauigkeit dieser Transformation von ca. 1 cm im Flachland, ca. 2 cm im Hochgebirge und 2 - 6 cm im Meeresbereich.

GCG2016/Aktualisierung 2023 im Ostseebereich

Die Anrainerstaaten der Ostsee führen mit dem Baltic Sea Chart Datum 2000 (BSCD2000) einen einheitlichen Höhenbezug für Seekarten der Ostsee ein. Das BSCD2000 basiert auf den europäischen geodätischen Standards (ETRS89 für 3D-Koordinaten, Niveau des Amsterdamer Pegels für Höhen), die mit den Standards der deutschen Referenzsysteme weitestgehend identisch sind. Die Höhenbezugsfläche des BSCD2000 wird durch ein einheitliches Quasigeoidmodell (BSCD2000 Transformation Grid) realisiert, welches an die nationalen geodätischen Referenzrahmen der Länder im Festlandsbereich angepasst wurde. Zu diesem Zweck wurde das BSCD2000-Transformationsgitter im Landbereich bestmöglich mit den aktuellen nationalen Geoidmodellen harmonisiert.

Für die Neuberechnung des Geoidmodells wurden umfangreiche gravimetrische Vermessungsarbeiten durchgeführt. Diese Arbeiten wurden im Rahmen des Projektes „Finalizing Surveys for the Motorways of the Sea“ (FAMOS) von der Europäischen Union kofinanziert.

Mit der Veröffentlichung des ostseeweiten BSCD2000-Transformationsgitters als Höhenbezugsfläche für maritime Anwendungen ist eine Aktualisierung des GCG2016 im Ostseebereich verbunden. Damit wird sichergestellt, dass für alle Aufgaben an Land als auch auf See das gleiche Modell verwendet wird.

Die Aktualisierung des GCG2016 enthält damit die folgenden Verbesserungen:

  • Aktualisierte gravimetrische Datengrundlage im gesamten Ostseebereich,
  • Neuberechnung des Quasigeoidmodells,
  • Höhere Genauigkeit im Ostseebereich von ca. 1 – 2 cm und
  • Grenzübergreifende Harmonisierung entlang der Seegrenzen der Ostseeanrainerstaaten

Die Unterschiede zwischen der Aktualisierung 2023 und dem originalen GCG2016 betragen ca. 2-3 cm. Diese Unterschiede treten ausschließlich im Meeresbereich auf. Hier wird für das GCG2016/Aktualisierung 2023 das BSCD2000-Transformationsgitter zugrunde gelegt. Sämtliche Gitterzellen des GCG2016 auf dem deutschen Festland bleiben in der aktualisierten Version des GCG2016 unverändert. Der Übergang erfolgt in beiden Gittern (BSCD2000, GCG2016/Aktualisierung 2023) in einem Streifen von 10 km Breite vor der Küstenlinie. Das BSCD2000-Transformationsgitter und das GCG2016/Aktualisierung 2023 sind damit in den deutschen Land- und Seegebieten mit Ausnahme der Grenzgebiete zu Polen und Dänemark identisch. Dort sind aufgrund der unterschiedlichen nationalen Höhenbezugsrahmen Abweichungen in der Größenordnung von 2-3 cm zu beobachten. In diesen Gebieten wird für reine Offshore-Anwendungen das BSCD2000-Transformationsgitter empfohlen, ansonsten das GCG2016/Aktualisierung 2023.

Das aktualisierte Modell ist im BKG-Webshop unter dem Link https://gdz.bkg.bund.de/index.php/default/quasigeoid-der-bundesrepublik-deutschland-quasigeoid.html kostenfrei als Open Data erhältlich. Die Einführung im SAPOS®-Dienst der AdV erfolgt zum 04.12.2023.

Informationen zum BSCD2000 sowie der Download des BSCD2000 Transformation Grid sind auf der Webseite der Baltic Sea Hydrographic Commission (BSHC) unter https://doi.org/10.58440/iho-bscd2000 zu finden. Eine Release Note ist im Journal International Hydrographic Review (IHR) unter der DOI https://doi.org/10.58440/ihr-29-2-n11 erschienen.

Auskunft zu den Seekartennulls für die deutsche Nord- und Ostsee erteilt das zuständige Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH).

Bild zeigt Differenzen des GCG2016 in der Aktualisierung 2023 gegenüber der originalen Version 2016 im Ostseebereich. Differenzen des GCG2016 Differenzen des GCG2016 in der Aktualisierung 2023 gegenüber der originalen Version 2016 im Ostseebereich. Quelle: Bundesamt für Kartographie und Geodäsie

Bild zeigt Differenzen zwischen GCG2016/Aktualisierung 2023 und BSCD2000-Transformationsgitter in den grenznahen Gebieten Differenzen zwischen GCG2016 und BSCD2000 Differenzen zwischen GCG2016/Aktualisierung 2023 und BSCD2000-Transformationsgitter in den grenznahen Gebieten. Quelle: Bundesamt für Kartographie und Geodäsie

Darstellungsdienst für Quasigeoid und Schwere

Web Map Service für Quasigeoid und verschiedene Darstellungsformen des Schwerefeldes:

WMS Schwere

Onlineberechnung von Quasigeoidhöhen

Berechnung von Quasigeoidhöhen für Einzelpunkte:
Webanwendung zur Quasigeoidhöhenberechnung